Wie viele Menschen können nicht loslassen. Sie möchten es gerne, aber egal was man versucht. Egal was man macht. Ob es das „Ablenken“ ist oder zu versuchen die Gedanken zu stoppen. Es funktioniert einfach nicht. Wir halten daran fest, wie Kaugummi unter dem Schuh.
Dabei empfinde ich es schon als schwierig ein Kleidungsstück loszulassen und ich mir bei meiner Jeanshose eingestehen muss, dass ich auch in 2 Jahren nicht mehr reinpassen oder sie zum Gärtnern tragen werde – was fast immer meine Lieblingsausrede ist, da diese Hose meine Jugendlichkeit für immer festhalten soll – wie eine Faltencreme.
Abgesehen von der Hose oder Gewohnheiten gibt es auch die größeren Probleme mit schmerzhaften Erfahrungen mit denen wir abschließen wollen, obwohl es uns so verdammt schwer fällt.
Beispiele:
- Wut auf einen Menschen, der uns verletzt hat
- Eine Situation in unserem Leben, wo wir uns heute anders entscheiden würden
- Einen Lebenspartner, der uns verlassen hat
Wir wissen eigentlich, dass es besser wäre diese Punkte loszulassen, damit wir wieder frei sein können.
- Frei von dem innerlichen Stress.
- Frei in unseren Gedanken.
- Frei für das Leben.
- Frei für was Neues.
- Frei für einen anderen Weg.
Diese Freiheit erkennen wir in den Worten von Steve Maraboli:
„Die Wahrheit ist, wenn Du nicht loslässt, wenn Du nicht vergibst, wenn Du nicht erkennst, dass die Situation vorbei ist, kannst Du nicht vorwärts gehen.“
Steve Maraboli
Da die Herausforderung des Loslassens vom Ex-Partner/in wohl fast jeder kennt oder schon mal erlebt hat, möchte ich diesen Punkt genauer aufgreifen. Wobei wir alle Gewohnheiten, wie z.B. den Zuckerkonsum oder Verluste im Leben, wie unsere Lieblingshose darauf projizieren können oder aber auch die Wut auf Menschen oder uns selbst.
1. Loslassen von der/dem Ex
Empirisch belegt durch meine Lebenserfahrung ist, dass vor allem wir Frauen besonders prädestiniert für das Ich-kann-nicht-loslassen sind. In der Zeit, wo sich die Männer mit anderen Frauen ablenken oder plötzlich neue Hobbys besitzen, sind die Frauen es, die sich mit ihren Emotionen beschäftigen und sie voll und ganz auskosten. Ja schon fast darin baden.
Wir Frauen treiben es oft auf die Spitze, indem wir uns dann einen ruhigen Ort suchen, um die Spotifylist mit den traurigsten Liedern zu hören, die zu noch mehr Schmerz führen. Immer und immer wieder. Bis plötzlich jeder Popsong mehr an Bedeutung gewinnt.
2 Beispiel-Songs
- „Ich kenne nichts, das so schön ist wie du.“ von Xavier Naidoo
- „I will always love you.“ von Whitney Houston
Ich kann diese Songs auswendig. Auch wenn ich mir keine Gesichter oder Namen merken kann, aber belanglose Songtexte kann ich mir komischerweise immer merken. Selbst Songs, wo meine Englischkenntnisse nicht ausreichen, um den Text zu verstehen oder richtig auszusprechen.
Stell dir diese Situation einmal bildlich vor:
Du sitzt im Auto, ahnst nichts Böses, bist eigentlich gut gelaunt und plötzlich kommt: „Ich kenne nichts, dass so schön ist wie du.“
Spätestens bei Minute 1:45 sieht man die/den Ex vor seinem inneren Auge, als wäre er/sie gerade erst da gewesen.
Bei dem Lied von Whitney Houston handelt es sich in meinen Augen um den Liebeskummer persönlich. Nach diesem Lied fühlt sich doch jeder verlassen, obwohl er gerade frisch vergeben ist.
Wir kennen alle diesen Spruch:
Die Zeit heilt alle Wunden
Voltaire
Da ist schon was Wahres dran, denn auch wenn wir das Lied im Auto als schmerzhaft empfinden, so ist es nach einer gewissen Zeit nicht mehr so qualvoll, wie in den ersten Tagen nach der Trennung.
Warum ist das so?
Unsere Gefühle und unser Schmerz kommen aus unseren Gedanken und diese sind anpassungsfähig.
Die Erklärung liegt bei uns im Gehirn, sprich bei der Neuroplastizität, die im ständigen Wandel steht und ich euch genauer erklären möchte.
2. Wie kann es sein, dass wir kurz nach einer Trennung so leiden?
Schuld ist der kalte Entzug. Wissenschaftler haben längst bestätigt, dass der Entzug bei Verliebten ähnlich ist wie bei einem Heroinentzug.
Wenn wir von der Wolke 7 sprechen, dann ist das ein Hormoncocktail der in unserem Körper ausgelöst wird. Ähnlich wie bei einer Droge schüttet der Körper in großen Mengen Dopamin und Endorphine (die Glückshormone) aus. Sobald wir keine Nahrung im Sinne von Kontakt zu unserer geliebten Person haben, bekommen wir keinen Nachschub dieser Hormone. Dadurch reagiert unser Körper wie bei einem Drogenentzug mit psychischen und körperlichen Schmerzen, welche sogar zu Depressionen, Schlafstörungen und Ängsten führen können.
Nachdem der körperliche Entzug überstanden ist, kommt der Kopf ins Spiel.
Den körperlichen Entzug können wir nicht aufhalten und stoppen. Unseren Kopf allerdings schon, der nach der Trennung immer wieder fragt:
- Warum hat er/sie mich verlassen?
- Was habe ich falsch gemacht?
- Vielleicht bekomme ich sie/ihn doch wieder zurück?
- Es war doch so perfekt oder habe ich mich getäuscht?
Ab diesem Zeitpunkt, wo das Gedankenkarussell beginnt, können wir etwas tun, damit es uns besser geht.
Wir müssen versuchen, die neuronalen Verknüpfungen, die in unserem Gehirn entstanden zu unterbrechen.
Diese „neuronalen Bahnen“ in unserem Gehirn sind entstanden und wurden durch Erinnerungen mit der geliebten Person aufgebaut.
Also ist Liebe nur eine neuronale Verbindung in unserem Gehirn?
Es klingt jetzt nicht nach einem Hollywood Film, aber der Grund für unser Wort „Liebe“ besteht eigentlich nur aus Hormonen, Gewohnheiten und neuronalen Verbindungen.
Hollywood ist vermutlich auch der Grund, warum es vielen Menschen schwer fällt nach 1-4 Jahren Beziehung (so lange hält der Hormoncocktail des Verliebtsein im Körper an) noch bei ihrem Partner zu bleiben. Aus dem Grund, dass die Hormone irgendwann nachlassen und das Gefühl aufkommt, dass es „sich nicht mehr richtig anfühlt“, aber Hollywood suggeriert uns doch, dass diese Gefühle für immer da sein müssten.
3. Wie unterbrechen wir nun die neuronalen Verbindungen um loszulassen?
Am Anfang der Trennung fällt es uns besonders schwer die Verknüpfungen im Gehirn zu unterbrechen. Das Gegenteil ist der Fall, wir denken andauernd an den/die Ex und beim Anblick eines Fotos werden plötzlich keine Glückshormone (Dopamin und Serotonin) im Körper mehr ausgeschüttet, wie es in der Verliebtheit war.
Dieses Gefühl, dieser Hormonentzug, welches dann entsteht, wenn keine Hormone beim Anblick des Fotos ausgelöst werden, nennt sich dann Liebeskummer, der durch Liebes-Songs, welche wir mit der/dem Ex verbinden sich noch mehr verstärken.
In diesem Fall sollten wir dringend unsere Spotifylist erneuern und gezielt versuchen unsere Gedanken in die richtige Bahn zu lenken.
Beispiele für falsche Gedanken:
- Es war die einzig wahre Liebe
- Es war so perfekt
- Ich denke immer wieder zurück
- Ich hasse ihn/sie
Beispiele für richtige Gedanken, welche die neuronalen Verknüpfungen durchbrechen:
- Naja, es hat mich auch vieles genervt
- Wenn es perfekt gewesen wäre, müsste ich jetzt nicht loslassen
- Ich bringe meine Gedanken vermehrt in die schöne Zukunft
- Ich verzeihe ihm/ihr
Durch die ständige Wiederholung der falschen Gedanken oder Lieder, bekommen wir automatisch Bilder in unserem Kopf, die unsere Verbindungen der Synapsen aufrechterhalten und wir dementsprechend nicht loslassen können.
Auch wenn wir uns sagen, dass wir kurz in Erinnerungen schwelgen können, hat das eine große Auswirkung auf unsere Neuroplastizität, welche uns den Liebeskummer langsamer überwinden lässt.
Wir haben mit diesem Wissen jetzt die Macht uns zu entscheiden:
Wir können im Auto mit Whitney Houston die neuronalen Verbindungen aufbauen und traurig werden
Oder
mit Pharrell Williams „Happy“ werden und uns schneller entlieben bzw. loslassen.
Ob es sich nun um die Jeanshose, der Schokolade oder der Liebe handelt.
Die Neuroplastizität funktioniert in allen Fällen gleich.
Durch das Unterbrechen der Verbindungen können wir in allen Punkten besser loslassen, Stress reduzieren und werden dadurch frei, ohne in eine Krise zu geraten.
Losgelöst ohne Schokolade und neuer Jeanshose tanze ich mit Herrn Williams in die Freiheit und grüße euch,
eure Annika
Mega, danke…Mir geht’s jetzt schon viel besser nachdem ich deine Zeilen gelesen hab!